BME/IHK-Region Pfalz/Rhein-Neckar


15.03.2023

Podiumsdiskussion: Energieeinkauf heute und morgen

Thema Podiumsdiskussion  Anna Weil  Bme E.V.

Endlich wieder live und gut besucht war die Podiumsdiskussion am 6. März 2023 an der Universität Mannheim. Das lag bestimmt auch am Thema, denn die Energiekosten gehen auch für Unternehmen längst eher nach oben als nach unten.

Einblicke in den Energieeinkauf gaben – moderiert von Professor Dr. Christoph Bode, Universität Mannheim – drei Podiumsgäste aus der Wissenschaft und aus energie-intensiven Unternehmen der Region. Ein gelungener Mix, denn so wurde es inhaltlich keine Sekunde langweilig.

Ralf Heckmann, Einkaufsleiter der Südzucker AG, und Torsten Oster, Head of Group Energy Procurement, Heidelberg Materials, konstatierten in ihren Eingangsstatements, dass die steigenden Energiepreise bereits seit Anfang 2021 zu beobachten waren, also ein gutes Jahr vor Beginn des Ukraine-Krieges. In 2022 hätten dann aber, so Heckmann, die Preissteigerungen eine zusätzliche Dynamik entwickelt. Die Strategie der Südzucker AG sei es inzwischen, nach Alternativen zu suchen und eine umfangreiche Lagerhaltung von Heizöl zu betreiben. Denn die sog. Kampagne, also die energieintensive Verarbeitungsphase der Zuckerrüben, falle immer in die Herbst- und Winterzeit mit ihren besonders hohen Energiepreisen.


Ähnliches berichtete Torsten Oster, Head of Group Energy Procurement, Heidelberg Materials. Die Zement- und Klinkerherstellung sei zwar nicht saisonal aufgestellt, jedoch wie die Zuckerrübenverarbeitung sehr energieintensiv. Heidelberg Materials nutze daher einen Energiemix aus Gas und Kohle und inzwischen zunehmend erneuerbare Alternativen.

Professor Dr. Nikolas Wölfing, Volkswirt an der HWG Ludwigshafen und dem Mannheim Institute for Sustainable Energy Studies, berichtete von einer Stresssituation im Energiemarkt, die er auf den Transformationsprozess der Energiewirtschaft zurückführt. Seines Erachtens stand 2022 weniger die Nachhaltigkeit als vielmehr die Versorgungssicherheit im Vordergrund, vor allem hinsichtlich der Versorgung mit Gas – und damit eine Rekarbonisierung. Die Strompreise wiederum, so auch seine Beobachtung, seien bereits vor dem Ukraine-Krieg gestiegen. Kritisch kommentierte er, dass durch staatliche Eingriffe zunehmend Marktregulierungen außer Kraft gesetzt würden.

Auf die Frage, wie sich Risiken der Energieversorgung und steigender Preise managen ließen, erklärte Oster, dass es aktuell in der Baubranche viele Unklarheiten über die zukünftige Entwicklung gebe. Dies erschwere den Einkauf von Energie. Eine Risikoabschätzung falle auch ihm schwer, so die Einschätzung von Heckmann, jedoch sei man beim Energieeinkauf bei der Südzucker üblicherweise fünf Jahre voraus. Einen Trend hin zum langfristigen Einkauf von Energie prognostizierte auch Wölfing. Dieses „Vorwärtseinkaufen“ ermögliche tatsächlich eine bessere Steuerung des Marktes.

Und welche Prognosen gibt es für die Zukunft? Oster geht davon aus, dass die Nachfrage nach Gas weiter steigen werde und Europa hier in Konkurrenz mit Asien trete. Wenig absehbar sei bisher die Transformation des Energiesektors in Deutschland und der EU. In der Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland sieht er jedoch keine Lösung.


Einen wichtigen Aspekt ergänzte Wölfing, der auf die ambitionierten Klimaziele der EU durch den Green Deal verwies. Der Zeitkorridor für die Umsetzung dieser Ziele sei eng bemessen, die klimapolitischen Ambitionen der einzelnen Player trotz des verbreiteten Wunsches vieler Unternehmen, klimaneutral zu produzieren, noch nicht wirklich in der Realität angekommen. Oster ergänzte diese Überlegung durch die Beobachtung, dass bei vielen auf politischer Ebene diskutierten Problemen ein steigender Strombedarf die Folge sei. Die Speicherbarkeit von Strom und Wasserstoff als alternative Energiequellen sieht er als ein wesentliches Problem, das es zu lösen gelte. Darüber hinaus fehle in Deutschland, so Heckmann ergänzend, eine adäquate Infrastruktur für eine Energiewende wie zum Beispiel leistungsstarke Stromtrassen für den Transport regenerativer Energien von Nord nach Süd.

Wölfing sieht eine mögliche Lösung in der Fortsetzung der Knappheitsbepreisung von Energie und rät von Eingriffen wie zusätzlichen Umlagen ab. Die Dekarbonisierung werde angesichts weltweit steigender CO2-Emissionen ein wichtiges Ziel bleiben.

Wettbewerbsnachteile für Deutschland und die EU oder Innovationsschub – die Antwort auf diese Frage sei, so Bode in seinem Fazit der Veranstaltung, für die weitere Entwicklung des Energieeinkaufs maßgebend.

(c) Fotos: Anna Weil, BME e.V. 

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