Energieeinkauf im Wandel: Herausforderungen und Chancen in turbulenten Zeiten
Der Energieeinkauf war schon immer von krisenbedingten Preisschwankungen geprägt. Doch die jüngsten Entwicklungen, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg, haben eine neue Dimension erreicht.
Während die Energiepreise früher teils das Vierfache des Normalniveaus erreichten, stieg zum Beispiel der Gaspreis in der Spitze auf das 14-fache. Auch wenn sich das Preisniveau inzwischen konsolidiert hat, bleibt für den Energieeinkauf die zentrale Frage: Wie sieht die Preisentwicklung in Zukunft aus und wie stellen wir den Energieeinkauf am besten auf? Dazu diskutieren am 26. November 2024 an der Universität mannheim die Experten Heiko Braune, Erdem Esen und Prof. Dr. Nikolas Wölfing.
v.l.n.r. Erdem Esen, Heiko Braune und Nikolas Wölfing
Unternehmen stehen vor der Herausforderung, eine zu ihrem Unternehmen passende Einkaufsstrategie zu finden. Heiko Braune, Energiewirtschaftlicher Berater beim VEA (Bundesverband der Energieabnehmer e.V.) empfahl bei der BME-Veranstaltung am 26. November eine individuelle, auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittene Beratung. Erdem Esen, Leiter Vertrieb Geschäftskunden bei der Süwag Vertrieb AG & Co. KG, erläuterte, dass eine geschickte Kombination aus Terminmarkt und Spotmarkt sowie der Einkauf in Tranchen – etwa durch spezifische Tranchenverträge – die Energiekosten reduzieren könne. Auch Marktportfolio-Verträge gewännen an Bedeutung. Er beobachtet einen Trend hin zu flexiblen Modellen, die verschiedene Beschaffungsformen kombinieren. Diese Flexibilität habe jedoch ihren Preis: Unternehmen müssten mehr Risiko eingehen, um von den Chancen volatiler Märkte zu profitieren. Gleichzeitig unterstrich Esen, wie wichtig es sei, Strommengen aus Eigenproduktion, wie etwa durch Photovoltaikanlagen, in die Beschaffungsstrategie zu integrieren, um Einsparpotenziale optimal ausnutzen zu können. Bei eigener Energieproduktion sei zudem der Aufbau von Speicherkapazitäten vorteilhaft, um witterungsbedingte Schwankungen auszugleichen.
Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien hat sich – so Professor Nikolas Wölfing von der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen - das Energiesystem grundlegend verändert: Die volatilen Einspeisemengen stellten Energieeinkäufer vor Herausforderungen, denn die Bedarfsdeckung müsse weiterhin stabil bleiben. Daher blieben aktuell die Grundversorgungskosten bestehen, was zu einer Umverteilung der Lasten führe. Unternehmen seien daher gut beraten, Marktsignale aktiv ins Unternehmen zu tragen und ihren Energieeinkauf entsprechend auszurichten. Auch internationale Faktoren beeinflussen den Energieeinkauf. Mit dem Amtsantritt von Donald Trump könnten die Energiepreise in den USA weiter sinken. Dies würde den Druck auf europäische Unternehmen und insbesondere energieintensive Industrien verstärken. Hier gelte es, konkurrenzfähige Strategien zu entwickeln, um auf globaler Ebene mithalten zu können.
Die drei Experten waren sich einig, dass der Energieeinkauf heute spannender sei denn je. Es handle sich nicht mehr um eine rein operative Aufgabe, sondern müsse als ein strategischer Hebel verstanden werden, um Kosten zu senken und Risiken zu minimieren. Flexibilität, intelligente Kombinationen von Beschaffungsmodellen und die Integration erneuerbarer Energien seien die Schlüssel zu einem zukunftsfähigen Energiemanagement. Unternehmen, die diese Herausforderungen proaktiv angingen und interne Verbräuche den jeweiligen Gegebenheiten anpassten, könnten sich so Wettbewerbsvorteile sichern und zugleich aktiv zur Stabilität des Energiesystems beitragen.