BME/IHK-Region Pfalz/Rhein-Neckar

05.03.2024

Recht im Einkauf: Vertragsrecht bei Mängeln und weitere aktuelle Rechtsthemen des Einkaufs

Die Februar-Veranstaltung der BME-Region Pfalz/Rhein-Neckar widmete sich aktuellen Gerichtsurteilen zum Vertragsrecht. Die Fallbeschreibungen durch unsere Referentin Claudia Zwilling-Pinna ermöglichten es dem Publikum, sein Wissen zu aktualisieren.

Claudia Zwilling-Pinna, Partnerin der Rechtsanwaltskanzlei WALTER |Rechtsanwälte PartGmbB, Heidelberg und Rechtsexpertin unserer BME-Region zu Themen des Vertrags- und Handelsrechts, präsentierte vier Urteile zu Rechtsfällen im Einkauf. In allen Fällen ging es um gerichtliche Auseinandersetzungen, unter anderem im Zusammenhang mit Mängeln:

Gibt es eine Rücknahmepflicht des Verkäufers von mangelhafter Ware? Kann der Verkäufer in seinen AGB vorschreiben, dass eine Mängelrüge an die „Betriebsleitung“ des Kunden gerichtet sein soll? Wie lange läuft die Verjährungsfrist bei Mängeln eines Blockheizkraftwerks, wenn vertraglich nichts geregelt ist? Weitere Themen waren die rechtliche Verbindlichkeit einseitiger Verweise auf die AGBs des Auftraggebers in etablierter Geschäftsverbindung mit einem Logistikunternehmen nach mündlichem Vertragsabschluss und die Bedeutung von unterschriebenen Lademittelsaldi.

Der folgende Fall weckte das besondere Interesse des Publikums:

Ausgangspunkt war eine Lieferung von 22.000 Tonnen Schotter für einen Parkplatz. Der Schotter war – wie sich nachträglich herausstellte - mit Arsen belastet. Nachdem es zum Rücktritt vom Vertrag durch den Käufer kam, verweigerte der Lieferant den Rücktransport der mangelhaften Ware. Der Käufer ließ die Entsorgung durch andere vornehmen und begehrte Schadensersatz. Interessanterweise, erläuterte Claudia Zwilling-Pinna, gebe es im BGB bei der Auflistung der Rechte und Ansprüche des Käufers bei Mängeln keine ausdrückliche Regelung über eine Rücknahmepflicht mangelhafter Ware. Also damit Pech für den Käufer? Der BGH stellte fest, dass in der Verweigerung der Rücknahme mangelhafter Ware ein Schadensersatzanspruch gegen den Lieferanten wegen einer Nebenpflichtverletzung aus dem Kaufvertrag möglich sei und verwies die Sache an das OLG zur Feststellung weiterer Details während der Abwicklung des Vertrags und erneuten Entscheidung zurück. Eine grundsätzliche Pflicht des Verkäufers zur Rücknahme der Ware hingegen wurde seitens des BGH nicht angenommen (BGH vom 29.11.2023, Az. VIII ZR 164/21).

In den anderen drei Urteilen ging es um folgende Themen:

  • Einbeziehung der AGB des Auftraggebers durch regelmäßige Erwähnung dieser in seiner „Auftragsbestätigung“ über mündlich geschlossene Logistikverträge mittels des Konstrukts des „Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben“. Sind hier vom Auftraggeber erstellte Saldi über getauschte Lademittel vom Auftragnehmer anerkannt, wenn eine Person, die für die Lademittelabwicklung beim Logistiker zuständig ist, die Saldi unterschrieben zurückschickt? Dies alles und weitere Rechtsthemen waren Gegenstand eines Urteils des OLG Düsseldorf vom 05.10.2022, Az. 18 U 10/21.
  • AGB-Klausel des Verkäufers, wonach Mängel der Kaufsache ausschließlich gegenüber der „Betriebsleitung“ gerügt werden können. Hier entschied der BGH, dass eine entsprechende vom Verkäufer verwendete AGB-Klausel, auch wenn der Käufer die AGB akzeptiert hat, keine Rechtswirkung zeigt: Die Klausel weiche von der gesetzlichen Regelung in § 377 HGB zu Lasten des Käufers ab und halte auch unter Kaufleuten der rechtlichen Inhaltskontrolle von AGB nach § 307 BGB nicht stand, weil sie unangemessen benachteiligend sei. Dem Käufer sei das Risiko aufgebürdet, den richtigen Ansprechpartner unternehmensintern beim Verkäufer zu finden. (BGH, Beschluss vom 08.01.2019, Az. VIII ZR 18/18).
  • Verjährungsfristen für Lieferung und Inbetriebnahme eines Blockheizkraftwerkes: Kauf- oder Werkvertrag? In der Abgrenzung zwischen beiden Vertragstypen komme es, so die Referentin, jeweils darauf an, wo Schwerpunkt der zu erbringenden Sachleistung liege, in der Lieferung einer Sache oder deren Montage/Inbetriebnahme. Im konkreten Fall handelte es sich um ein komplett vormontiertes Blockheizkraftwerk, das geliefert wurde, so dass es vom Gericht als Sache eingestuft wurde. Somit greife mangels anderer Vereinbarung hier als Verjährungsbeginn die Ablieferung des Kraftwerks beim Besteller, die Verjährungsfrist und die Verjährung von Mängelansprüchen war auf zwei Jahre begrenzt (OLG Jena, Urteil vom 18.01.2022 Az. 1 U 763/21).

Zum Ende der Veranstaltung ging Claudia Zwilling-Pinna noch kurz auf das Europäische Lieferkettengesetz (CSDDD) im Rahmen aktueller Rechtsentwicklungen ein, weil die Inkraftsetzung dieses auf Messers Schneide steht, nachdem trotz eines vermeintlichen Kompromisses mehrere Länder erklärten, sich bei der Abstimmung enthalten zu wollen, und auch in Deutschland auf politischer Bühne durch einen Koalitionspartner in der Bundesregierung sowie von einigen Wirtschaftsverbänden Widerspruch gekommen ist. Nachdem dessen Umsetzung schon fast in Stein gemeißelt schien, wurden kurzfristig Termine verschoben, die für den Weg ins Europäische Parlament zur endgültigen Beschlussfassung notwendig sind.

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