BME/IHK-Region Pfalz/Rhein-Neckar

08.03.2023

Recht im Einkauf: „Pacta sunt servanda.“

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Etwa 30 Gäste durfte die BME-Region Pfalz/Rhein-Neckar am Dienstag, den 28. März 2023, in den Räumen der IHK Pfalz begrüßen. Bei „Recht im Einkauf“ ging es dieses Mal um Krisenmanagement versus Vertragsrecht.

Claudia Zwilling-Pinna, Partnerin der Rechtsanwaltskanzlei WALTER |Rechtsanwälte PartGmbB, Heidelberg und Rechtsexpertin der Region zu Themen des Vertrags- und Handelsrechts, erläuterte gleich zu Beginn der Veranstaltung die Problematik, mit der sich aktuell viele Unternehmen konfrontiert sehen: Welche Eckpfeiler des Vertragsrechts greifen, wenn es Probleme mit Lieferanten oder – falls man selbst Lieferant ist – Kunden gibt? Ihr Tipp: Zunächst die vorhandenen Vertragsgrundlagen sorgfältig daraufhin prüfen, ob sie rechtsverbindlich sind und welche Inhalte sie aktuell haben. Immer wieder komme es vor, so Zwilling-Pinna, dass auch Einzelverträge inhaltliche Lücken haben.

Tatsache sei, so Zwilling-Pinna, dass strategische Verträge oder Rahmenverträge kaum eine Handhabe für konkrete Forderungen ermöglichen, da sie oftmals zu allgemein gehalten sind. Sie regeln wichtige Eckpfeiler künftiger Verträge, enthalten Preisregelungen und wichtige Steuerungselemente, aber selten konkrete Liefer-/Leistungs-/Abnahmepflichten gekoppelt an Termine und Ausführungsfristen.


Einzelverträge, die mit wechselseitigen Erklärungen geschlossen werden sollten, werden erst rechtsverbindlich, wenn sie keine Einigungsmängel aufweisen und Abweichungen geklärt sind. Aus diesen müssen sich Details einer in eine Bestellung eingebundene konkrete Bedarfslage ergeben, die von dem künftigen Vertragspartner unter festgelegten Bedingungen auszuführen sind und von ihm bestätigt wurden. Im B2B-Bereich gelte die Regel „Pacta sunt servanda“, was bedeute, dass ein geschlossener Vertrag nicht ohne Folgen für die Partei, die von ihm Abstand nehmen will, nachträglich einseitig gecancelt werden kann. Vertragspflichten seien zu erfüllen. Das gelte grundsätzlich auch im Krisenfall. Anders kann die Lage sein, wenn im Vertrag selbst besondere Regeln für Störungen/Behinderungen der Abwicklung oder nachträgliche Veränderungen der Ausgangslage getroffen wurden. Das Gesagte betreffe im Übrigen auch den Besteller. Mit Vertragsabschluss sei er zum Beispiel grundsätzlich zur Abnahme der vereinbarten Liefermengen verpflichtet, auch wenn er zum Liefertermin aufgrund einer veränderten (Markt-)Situation nur geringere Mengen benötige. Ein verfrühter Ausstieg kann ihn teuer kommen.

Bei Lieferverzögerungen, die zum Beispiel aufgrund von Problemen in der Lieferkette hinter dem Vertragspartner auftreten, bleiben Verträge und die darin vereinbarten Ansprüche weiterhin gültig. Die einseitige Aufkündigung oder ein Rücktritt vom Vertrag sei nicht schon aufgrund einer erschwerten Beschaffungslage in der Kette möglich. Der allgemeine Hinweis auf höhere Gewalt (Force majeure) sei in der Regel nicht ausreichend. Es könne ein Nachweis der individuell den Lieferanten betreffenden Lage gefordert werden und müsse immer eine Einzelfallprüfung nach dem auf den Vertrag geltenden Recht erfolgen, wenn nicht vertragliche Regelungen über Voraussetzungen und Folgen einer höheren Gewalt getroffen worden sind.


Und was ist mit Preisanpassungen? Diese seien, so Zwilling-Pinna, während der Laufzeit eines Vertrags nur schwierig umzusetzen, wenn keine Regelungen getroffen worden seien, unter welchen Voraussetzungen und wie Preise im laufenden Vertrag angepasst werden können. Die „Störung der Geschäftsgrundlage“ gebe solche Möglichkeiten her, aber ohne eine Einzelfallprüfung über nachträgliche Veränderungen, die für beide Parteien Voraussetzung gewesen seien, könne dies für die Partei, die das Preisrisiko trägt nicht in jedem Fall das „rettende Ufer“ werden. Zunächst trage der Lieferant die Preisgefahr. Eine Ausnahme bilde zum Beispiel das Bauwesen, wenn Verträge eine sogenannte Change Order-Klausel enthielten.

Grundsätzlich sei es daher in schwierigen Zeiten besonders zu empfehlen, immer auch im schriftlichen (!) Austausch mit Lieferanten und Kunden zu bleiben und die entsprechende Kommunikation (auch Mails) zu archivieren. Denn wie man es drehe und wende: Alle Eventualitäten vorhersehen könne bei einem Vertragsabschluss momentan kein Vertragspartner, wenn es Berührungspunkte zu Materialien und Logistik-Engpässen gebe, die es mit sich bringen, dass ein gewisses Restrisiko in Kauf genommen werden müsse. Dies gelte insbesondere für allgemein bekannte oder vorhersehbare Risikofelder. Ihnen könnten ebenfalls keine rasterartigen vertraglichen Lösungsmodelle entgegen gehalten werden.

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Ansprechpartner

Claudia Zwilling-Pinna Vorstandsmitglied, Rechnungsprüfung / Partner, Walter Rechtsanwälte
06221 / 6044-30